Beitrag: Brigitte Hildisch, Quelle: Holger Becker
Man nimmt an, dass der Brauch des Tonnenabschlagens zur Fastnachtszeit bis auf die Schwedenzeit zurückgeht, einer Zeit, in der die Bauern und die Fischer großen Repressalien durch die schwedische Krone ausgesetzt waren. So hatten sie das Zehnte vom Fischfang abzuliefern, eine von den Steuern, die im Volk besonders verhasst war. Die Befreiung von dieser Ungerechtigkeit wurde mit einem fröhlichen Fest begangen, auf dem das Abschlagen einer Tonne einen besonderen Jubel auslöste. Man glaubt heute, dass das Zerschlagen der Tonne ein symbolischer Akt war, um sich von der Schwedenherrschaft zu befreien. Allerdings ist diese Interpretation nur eine Annahme, denn in Schweden selbst gab es diesen Brauch schon, wie auch in Dänemark und im Dithmarschen. Wovon man heute ausgehen kann, ist die Gewissheit, dass das Tonnenabschlagen ein bäuerliches Fest zur Frühlingszeit war, dessen Ursprung nicht wirklich bekannt ist. Dem Sieger winkte ein besonderer Lohn. Er wählte sich das schönste Mädchen des Dorfes. Dementsprechend nahmen früher nur unverheiratete Männer aus dem Dorf am Wettkampf teil.
In der Geschichte des Tonnenabschlagens spielt das Jahr 1889 eine besondere Rolle, denn in jenem Jahr wurde der Borner Tonnenbund gegründet und die Borner bekamen ihre erste Fahne. Mit der feierlichen Einweihung der neuen Fahne als einem Symbol der Tapferkeit, des Ruhmes und der Ehre verlieh man dem Wettstreit des Tonnenabschlagens eine neue Bedeutung. Tapferkeit, so lautete die Botschaft des Redners, sollte jeder aufbringen, da, wo er wirkte. Ruhm bedeutete, Gottesfurcht und gute Sitten zu zeigen. In der Liebe zum Kaiser und zum Reich fand die Ehre ihren Ausdruck. Die Wirkung war positiv, denn das Interesse am Volksfest wuchs wieder.
Im Jahre 1892 feierte man das Tonnenabschlagen gleich
zweimal. Zum einen riefen die jungen Borner zum Tonnenfest auf, und zum
anderen gab es nur wenig später eine Einladung der älteren Tonnenbrüder
( der Verheirateten).
Wahrscheinlich gefiel den armen Waldarbeitern
das Volksfest so gut, dass sie im Jahre 1897 die Idee des zweimaligen
Tonnenabschlagens wieder aufgriffen, allerdings dieses Mal nicht nur zu
Pferde, sondern auch zu Fuß.
Jedes Fest versprach auch Einnahmen für die Bürger des
Ortes, denn das Fest erfreute sich großer Beliebtheit sowohl bei Jung
und Alt als auch bei Reich und Arm. Klassenunterschiede spielten für
einen Tag lang keine Rolle, das gemeinsame Ziel, ein fröhliches Fest zu
feiern, verband die unterschiedlichen sozialen Schichten.
Als im Herbst 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde der
liebgewordenen Tradition vorerst ein Ende gesetzt. Doch nur zwei Jahre
nach Kriegsende rief der Tonnenbund bereits wieder zum Neubeleben des
Festes auf.
35 Jahre wurde der Reiterverein alt. Die Kameradschaft und
Treue der Mitglieder , die sich in dieser Zeitspanne herausgebildet
haben, blieben auch anderen Reitervereinen in den Nachbarorten nicht
verborgen. So kam es im Jahre 1927 zum ersten gemeinsamen Tonnenfest in
Prerow, veranstaltet von den Darßer Reitervereinen, und wiederholt in
den darauf folgenden Jahren bis 1930.
Mit zu der schwersten Zeit in der Geschichte des
Reitervereins zählten die Jahre der Weltwirtschaftskrise. Irgendwie
überlebte der Tonnenbund finanziell, dank der guten Besucherzahlen der
Feste. Die dann folgenden Jahre brachten dem Tonnenbund wieder größere
Einnahmen.
Immer wieder, auch in schweren Zeiten, putzte sich das
Dorf zum Feiertag heraus. Eine Beschreibung des Festes am
Pfingstsonntag 1937 verdeutlicht, wieviel Tradition in diesem
Volksfest steckt. Schon die Bitte an die Reiter, sich elegant
anzuziehen, ist Brauchtum. Und so kamen die Tonnenbrüder an jenem Tag
gekleidet in einem weißen Hemd, mit Schlips und Kragen, auf dem Kopf
eine weiße Schiebermütze und festlich geschmückt mit einer Schärpe. Die
Pferde, die tagsüber eigentlich auf den Äckern rackerten, wurden zu Turnierpferden gemacht und ebenfalls mit Blumen im Zaumzeug geschmückt.
Das Aussehen der Reiter und ihrer Pferde war städtisch, aber die Art
und Weise betrachtend, wie die Tonnenbrüder mit ihren einfachen Waffen – den Eichenknüppeln – kämpften, illustriert, dass das Tonnenabschlagen
ein zutiefst bäuerlicher Brauch ist. Reiter und Pferd haben nur für ein
paar Stunden ihr Alltagsleben, das von harter Arbeit geprägt ist,
verlassen. Jeglicher Ablauf beim Wettkampf verlief nach einem
überlieferten Plan, der die Zeremonien peinlich genau einhielt. Eins
dieser Rituale betraf den Hauptmann des Tonnenbundes. Er führte in
seiner Galauniform den Zug an, gefolgt von dem Fahnenträger und einer
Fuhre von Musikern. Diese Gruppe hatte den Auftrag, die anderen
Würdenträger, deren Reihenfolge durch deren Rang festgelegt wurde,
abzuholen. Diesen Teil des Umzuges bezeichnet man als das „Umreiten“.
Unter sachkundiger Leitung des Hauptmanns wurde die Tonne zwischen zwei
geschmückten Masten aufgehängt.
Im Jahre 1939 wurde am ersten Pfingsttag das 50-jährige
Jubiläum gefeiert. Jedoch stellte man mit dem Ausbruch des 2.
Weltkrieges sämtliche Feierlichkeiten ein.
Erst im Jahre 1950 riefen die Tonnenbrüder ihre Tradition
wieder ins Leben. Bis zum Ende jenes Jahrzehnts organisierte und
unterstützte der Verein der gegenseitigen Bauernhilfe das Fest. Mitte
und Ende der 60er Jahre stand es schlecht um das Tonnenfest. Einerseits
gab es immer weniger Pferde auf den Feldern und andererseits wurde dem Wunsch, diesem Volksfest einen sozialistischen Charakter zu geben, mehr
Bedeutung beigemessen. Titel wie „König“ zum Beispiel passten nicht in
die damalige Zeit. 1969 wurde in Born a. Darß das letzte
Bezirkstonnenfest gefeiert. In den folgenden Jahren gaben die
Nachbarorte ihre Tradition vorerst auf. Was übrig blieb, war lediglich
ein Tanzvergnügen, das abwechselnd in den Orten Wustrow, Ahrenshoop und
Born a. Darß stattfand.
Zu Beginn der 70er Jahre hatten die Tonnenbrüder die Möglichkeit, das Fest im Rahmen des Kulturbundes neu zu organisieren. Es nahm schnell den Charakter eines großen Volksfestes an. Im Rekordjahr 1988 zählte man 12000 Zuschauer. Das Fest wurde einfach immer beliebter bei den Urlaubern.
Ein bis heute eher ungewöhnliches Fest erlebten die Besucher des Wettstreits im Jahre 1981. An jenem regnerischen Morgen des 26. Juli 1981 herrschten lediglich 12 °C und der Wind mit einer Stärke von 7 bis 8 machte den Morgen noch unbehaglicher. Obwohl es unter den Verantwortlichen berechtigte Zweifel gegen das Fest gab, konnte sich keiner so recht dagegen entscheiden. Provisorisch zimmerte man einen Planwagen zum Schutz der Musiker zusammen. Allerdings fiel der traditionelle Umzug durch das Dorf aus. Unüblich war die Kleiderordnung der Reiter, die mit Gummianzug, Gummimänteln oder Ölhemden einfach zweckmäßig angezogen waren. Andere, die auf diese praktische Kostümierung verzichtet hatten, mussten bald feststellen, dass sie völlig durchnässt waren. Die Borner lieben ihr Fest und so ermunterten sie die Reiter, den widrigen Bedingungen zu trotzen. Mehr darüber ist nachzulesen in "Das Borner Tonnenabschlagen" von Holger Becker, herausgegeben im Scheunen-Verlag. Dieser Tag ist als die "Borner Wasserschlacht zu Pferde" in die Geschichte des Tonnenbundes eingegangen.
Im Jahr 1989, es war das Jubiläumsjahr, bot sich wiederum die Möglichkeit, die Geschichte des Tonnenbundes mit der Gestaltung von zwei Festen besonders zu würdigen. Am traditionellen Pfingstsonntag wurde die 100-jährige Fahnenstiftung sowie das 100-jährige Bestehen des Borner Tonnenbundes begangen. Später am 6. August feierte man das Ortsfest. 7000 Zuschauer aus den Gemeinden rund um den Bodden sahen sich den historischen Umzug durch das Dorf an. Nach 20 Jahren nahmen erstmals wieder Reiter auswärtiger Tonnenbünde teil. Dieses Bekenntnis zu der Borner Tradition bestärkte die Tonnenbrüder in ihrem Vorhaben, das Bezikstonnenfest wieder dauerhaft zu etablieren. Aber jener Optimismus der Jubiläumsveranstaltung wurde in den Jahren der Wendezeit getrübt. Neue Herausforderungen galt es anzunehmen, eine davon waren sinkende Zuschauerzahlen. Als am 9. Juli 1991 sich der Verein als „Tonnenbund Born e. V.“ in das Register eintragen ließ, begann mit jener Eigenständigkeit auch eine neue Verantwortung zu wachsen. Der Tonnenbund brauchte Werbung, finanzielle Unterstützung für den Reiterball und vieles mehr. Einer der nun beschrittenen Wege war, das Fastnachtstonnenabschlagens zum ersten Mal als winterliche Attraktion des Jahres 1998 zu gestalten. Was dabei als besonders spaßig empfunden wurde, war die Kostümierung der Teilnehmer. So ganz neu war dieser Brauch allerdings nicht, denn im Jahre 1868 gab es in Wieck bereits die Idee, das Tonnenabschlagen auch zu einem winterlichen Spektakel zu machen. Der Fastnachtsbrauch des Kostümierens stammt wahrscheinlich aus Skandinavien. Da der Aufruf zu jenem Wiecker Treffen von einem Gastwirt, der die Schiffskapitäne und Hofbesitzern zu diesem Fest aufrief, erfolgte, liegt die Vermutung nahe, dass er die Idee von den Seefahrern übernahm, die diesen Brauch nach Vorpommern brachten. Bauern und Pferdebesitzer fanden großen Gefallen an dieser Art von fröhlichem Treiben. Und nun haben ebenfalls die Borner das Fastnachtstonnenabschlagen zu einem festen Bestandteil ihres Winterprogrammes gemacht.
In all diesen Jahren, in denen das Fest begangen wird, tauchen immer wieder Reiternamen wie Wellner, Prohn, Hückstedt, Seidler oder Kafka auf, die ein anschauliches Zeugnis davon ablegen, wie tief dieser Brauch in den Familien verwurzelt ist. So ging die Tradition vom Vater auf den Sohn als Vermächtnis über, und nicht selten wird sie heute vom Enkel oder gar Urenkel weitergeführt. Der Wunsch, diesen uralten Brauch auch in Zukunft nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, ist ein starkes Band in der Gemeinschaft der Tonnenbrüder.
Das Jahr 2014 ging als ein nächster Höhepunkt in die Geschichte des Borner Tonnenbundes ein, als der Tonnenbund sein 125-jähriges Jubiläum feierte. Mit einem Festprogramm sollte an die Gründung und der Einweihung der Fahne erinnert werden.
Alle Kinder können zeitgleich
zum Wettkampf der Erwachsenen am Kindertonnenabschlagen teilnehmen. Zum Schluss werden der Stäbenkönig, Tonnenkönig und der Bodenkönig gekürt.
Einige begrenzte Anzahl Kindertonnenknüppel liegen vor Ort für Gastkinder bereit, es ist jedoch ratsam sich einen eigenen Knüppel mitzubringen.
Wie sieht ein Kindertonnenknüppel aus?
Natürlich ist solch ein Knüppel nicht so groß und schwer, wie der der Erwachsenen. Er wird z.B. aus einem Stuhlbein gedrechselt und ist ca. 2cm dick und ca. 30 cm lang.