Region: Ostsee → Mecklenburg-Vorpommern → Kirchen Fischland-Darß-Zingst → im Urlaub im Ostseeheilbad Zingst
Textvorlage: Petr Cejp, leicht geändert bzw. ergänzt
Seit dem Mittelalter war die Prerower Kirche für alle Christen auf dem Darß und Zingst zuständig. Der Ort Zingst (der Name bezog sich seit dem Mittelalter auf die Insel Zingst) entstand erst am Anfang des 19. Jahrhunderts durch Zusammenschluss von drei Ansiedlungen: Pahlen, Hanshagen und Rothem Haus. Deshalb ist die Zingster Kirche viel jünger als andere Sakralbauten dieser Region.
Auf Bitten von Zingster Einwohnern beschloss die königliche Regierung 1860, den Bau der Zingster Kirche zu finanzieren.
Die Baupläne des turmlosen Bauwerkes im neugotischen Stil stammen vom Geheimbaurat F. A. Stüler, einem Schüler Schinkels. Auf den architektonischen Entwurf nahm der als „Romantiker auf dem Throne“ bekannte König Friedrich Wilhelm IV. maßgeblich Einfluss.
Nachdem Bauer Schütt der Kirchengemeinde ein Feld als Bauplatz geschenkt hatte, konnte die Kirche nach zweijähriger Bauzeit am 26.10.1862 eingeweiht werden. Dem Kirchenbau ging die Einrichtung des Friedhofes und des Glockenstuhls voraus, und anschließend wurde das Pfarrhaus vollendet. „Durch Allerhöchste Cabinets-Ordere vom 14ten October 1865 hat die hiesige Kirche den Namen Peter-Pauls Kirche bekommen …“ vermerkt die Kirchenchronik.
In der folgenden Zeit suchten mehrere Sturmfluten die Zingster Insel (der Prerowstrom trennte damals Zingst vom Darß) heim. Bei der schweren Sturmflut 1872 trat das Wasser bis ins Kircheninnere hinein. Die Regierung verordnete danach einen Deichbau.
Bereits 20 Jahre nach dem Errichten der Kirche waren umfangreiche Reparaturen notwendig, welche die preußische Regierung angesichts der Mittellosigkeit von Kirchengemeinde und Kommune finanziell teilweise übernahm, allerdings mit der Auflage, dass keinerlei Veränderungen am königlichen Bauwerk vorgenommen werden.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen infolge der ertragreichen Segelschifffahrt und des später einsetzenden Bäderverkehrs allmählich etwas Wohlstand in die weltabgelegenen Fischergemeinden an der Ostsee. Die zwei mittleren Kronleuchter im Kirchenschiff sind Geschenke einer Berliner Badegast-Familie aus der Zeit um die Jahrhundertwende.
Im Jahre 1986 erhielt die Kirche eine neue
Orgel – Firma Sauer (Frankfurt/Oder) erbaut unter Beibehaltung des
Gehäuses der alten Mehmel-Orgel ein neues Instrument mit 17 Registern
nach der Dispositon von Dr. Dietrich W. Prost aus Stralsund.
Erbaut
im Jahre 1986 von der Firma W. Sauer, Frankfurt/Oder unter Verwendung
des Gehäuses der Vorgängerorgel Disposition von Dr. Dietrich W. Prost,
Stralsund (Firma Mehmel, Stralsund, 1863) Koppeln I/P, II/P, II/I,
Schweller im OW; mechanische Traktur und Schleifladen; Tonumfang:
Manuale: C-g´´´ Pedal: C-f´ Im Sommer finden regelmäßig Orgelkonzerte
statt.
1862
schuf Reinhold Begas (Berlin 1831 – 1911) die Skulpturen über dem
Zingster Altar: Das "Kruzifix in Zinkguß" sowie nördlich und südlich
davon angebracht die „Statuetten des Apostel Petrus“ und „desApostel
Paulus in Gypsguß“.
Um 1930 zerstörte der damalige Pastor Zietlow
(zum Unmut vieler Kirchengemeindeglieder) in einer bilderstürmerischen
Aktion den neugotischen Altar. Die Figuren des Berliner Bildhauers
Reinhold Begas blieben zum Glück erhalten.
2005 arbeitete der
Holzbildhauer Ludvik Cejp aus Hannover die Altarfiguren in eine neue
Altarwand ein, die moderne und klassische Elemente verbindet. Am
Sonntag, dem 2. Oktober 2005 wurde der neue Altar in einem
Festgottesdienst der Peter-Pauls-Kirche Zingst eingeweiht.
In den 1930er Jahren geriet Zingst für kurze Zeit unversehens mitten in den Strom der damaligen Zeit- und Kirchengeschichte hinein. Der später weltbekannte Theologe und Widerstandskämpfer gegen das Naziregime, Dietrich Bonhoeffer, gründete im Frühjahr 1935 auf dem Zingsthof ein Predigerseminar der Bekennenden Kirche. Am Sonntag Exaudi, dem 6. Juni 1935, hielt Bonhoeffer von der Kanzel der Zingster Kirche eine Predigt über den 42. Psalm. Nach dem Verbot durch die Gestapo – die Seminaristen waren inzwischen weiter nach Finkenwalde in Hinterpommern gezogen – kehrte Bonhoeffer 1938 noch einmal nach Zingst zurück, um das Seminar aufzulösen.
Der damalige Zingster Pastor Gerhard Krause empfing durch Bonhoeffer wesentliche Anregungen für seine spätere regimekritische Einstellung. Er wurde im Jahre 1944 wegen seiner mutigen öffentlichen Auseinandersetzung mit der NSDAP verhaftet und zum Tode verurteilt – vor der Vollstreckung bewahrte ihn das Kriegsende. Nach dem Krieg beteiligte sich Pastor Krause an der Gründung der CDU im Ort, geriet deswegen in Konflikt mit dem sowjetischen Geheimdienst und starb an Folgen der Haft im Jahre 1950. Seine Verwandten berichteten, dass ein Bild von ihm mit Bonhoeffer und den Seminaristen vor der Kirche bis zu Krauses Tod auf seinem Schreibtisch stand. Seine Grabstelle befindet sich im vorderen Teil des Zingster Friedhofes, links neben dem Hauptweg, unweit der Kirche.
Der Zingster Glockenstuhl, der nach fast 150-jähriger Standzeit erhebliche Schäden aufwies, wurde im Mai 2004 durch die Zimmerei Lies aus Barth vollständig saniert. Der Gemeindekirchenrat hatte beschlossen, ihn dabei von dem alten Eingang zum Friedhof – der als solcher nicht mehr erkennbar war – vor das Kirchenportal zu versetzen.
Dank einer großzügigen Spende eines Kölner Ehepaares konnte die unbrauchbar gewordene große Eisenglocke (ihre Vorgängerin wurde vor 90 Jahren zu Kriegszwecken eingeschmolzen) durch eine neue Bronzeglocke ersetzt werden. Damit hat das Geläut seine ursprüngliche Klangkraft von 1858 wieder zurückerhalten.
Am 19. Mai wohnten Vertreter der Kirchengemeinde dem Glockenguss in der Kunstgießerei Lauchhammer bei. Kurz danach, am Pfingstmontag, dem 31. Mai 2004, wurde der Glockenstuhl feierlich in Anwesenheit geladener Gäste und vieler Zingster mit einem Gottesdienst und anschließendem Empfang eingeweiht.
Die Glockeninschrift lautet auf Wunsch der Spender: „Denen die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen.“ Mögen die Glocken also lange in die Zukunft hinein die Zingster Gemeinde mit ihrem Geläut begleiten!
Nach der „Wende“ 1989/90 stand die gesamte Pommersche Landeskirche und darin die Kirchengemeinde Zingst vor neuen Herausforderungen – auf vielen Gebieten musste nach und nach ein fast vollständiger Neuaufbau geleistet werden, auch an Kirche und Pfarrhaus wurden erste Sanierungsarbeiten vorgenommen, und eine die alte Pfarrscheune wurde zum Lesecafé umgebaut.
1993 sind die hohen Kirchenfenster neu gemauert und bleiverglast worden.
Vom November 2002 bis zum Mai 2003 wurde mit finanzieller Hilfe der Stiftung Denkmalschutz und vieler institutioneller und privater Sponsoren unter der Leitung des Architekten Dünnebacke (Stralsund) eine Sanierung des Westgiebels und des frei stehenden Eingangstores in der Kirchenallee vorgenommen.
Die kirchliche Tätigkeit erstreckt sich bis heute auf zwei
Bereiche: die Sommerarbeit in der Saison – große Rolle spielen dabei die
regelmäßigen Konzerte – und die eigentliche Gemeindearbeit, die ihren
Schwerpunkt eher in den ruhigen Wintermonaten findet.
Für
Kirchenmitglieder besteht im Sommer bei der kirchlichen Trauung die
Möglichkeit der Orgelbegleitung durch den Gewandhausorganisten Michael
Schönheit.
Zuständiges Pfarramt:
Ev. Kirchengemeinde
Kirchweg 8
18374 Ostseebad Zingst
Gottesdienst:
- jeden Sonntag 10.00 Uhr ganzjährig
- Karfreitag bis Totensonntag in der Kirche
- Advent bis Palmsonntag im Pfarrhaus
- Kinderbetreuung während der Gottesdienste
Spenden:
Wenn Sie einen Beitrag zur Erhaltung der Zingster Kirche leisten möchten, ist Ihre Spende (Kasse am Ausgang) herzlich wilkommen. Spendenbescheinigung für das Finanzamt erhalten Sie bei größeren Beträgen im Pfarramt.
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