Region: Ostsee → Mecklenburg-Vorpommern → Fischland-Darß-Zingst → Ostseebad Wustrow
... und der einzige Leuchtturm des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der ursprünglich nur als Nebelsignalstation gebaut wurde.
Die Nebelstation wurde zurückgebaut. Sie befand sich am Deich südlich des Ostseebades Wustrow.
Quelle - Text: H.-J. Luttermann, Rostock
Die Nebelstation Wustrow hatte einen ungewöhnlichen Standort. Wohl niemand hat bei der Grundsteinlegung 1910 vermutet, dass ein Jahrhundert später unterschiedliche Sichtweisen auf Gefahren für eben diesen Standort zu einer eventuellen Umsetzung des Leuchtfeuers führen werden.
Die Bedrohung für den Küstenschutz um Wustrow basiert auf folgender Annahme.
Da
die Nebelstation im Dünenbereich liegt, kann sie bei extremem
Hochwasser in ihren unteren Bereichen überflutet werden. Es sind
Verwirbelungen zu befürchten, die eine Unterspülung des Deichfußes zur
Folge haben. Glücklicherweise ist dieser Extremfall in der fast
hundertjährigen Geschichte des Leuchtturms bisher nie eingetreten.
Mit
12 m über NN hat das Leuchtfeuer eine Reichweite von nur 16 Seemeilen.
Dennoch sollte man den Nutzen und die Bedeutung der einstigen
Nebelstation Wustrow nicht gering schätzen.
Dazu einige Fakten. Im Jahre 1897 schon wurde eine Signalanlage bei Wustrow am Fischland dringend notwendig, da die Schiffsstrandungen zunahmen. So liefen innerhalb von nur 10 Tagen drei Dampfschiffe auf Grund. Als dann im Jahre 1908 dem schwedischen Dampfer »Koster« ein gleiches Schicksal ereilte, wurde ein Warnsystem unerlässlich. 1910 geschah ein weiteres Unglück dieser Art. Der Hamburger Gaffelschoner »Sturmvogel 1« strandete vor der Steilküste Althagens. Noch in diesem Jahr bestätigte dann endlich das damalige Großherzogliche Ministerium des Innern zu Schwerin die Errichtung einer mit Dampf betriebenen Nebelhornanlage. Ihre Sirenentöne waren bis zu 5/6 Seemeilen weit hörbar. Eine zusätzliche Warnung erzielte eine Heultonne, die etwa 1 ¾ bis 2 Seemeilen querab der Nebelstation auf 12 m Wassertiefe lag. Mit der Meinung, dass das Seegebiet vor Wustrow innerhalb der Lichtkreise der Leuchttürme von Warnemünde und vom Darßer Ort liegen würde, glaubten die Planer der Nebelstation, genügend Orientierungspunkte in diesem Teil der Ostsee zu haben. Hier, südwestlich von Wustrow, installierte man 1911 lediglich eine kupferne Küsten-Leuchtfeuer-Laterne am Schornstein des Maschinenhauses. Ihrer Befeuerung diente ein Spiritus-Glühlicht. Und mit einer Aufziehvorrichtung erhielt man ihre gewünschte Höhe.
Bis 1922 wurde das Nebelsignal vornehmlich mittels
Dampfbetrieb erzeugt. Mit der Elektrifizierung von Wustrow tat sich die
Möglichkeit auf, eine elektrische Kraftstrom- und Lichtanlage in das
Leuchtfeuer einzubauen.
Der wohl bedeutendste Umbau des Leuchtfeuers
wurde von August bis November 1933 ausgeführt. An der Nordecke des
Gebäudes errichtete man einen 10 m hohen viereckigen Turm mit zwei
Galerien. Das neue Leuchtfeuer war eine runde weiße Laterne mit einem
roten Kegeldach (rot- wie die Farbe des Turmes). Es gab eine zusätzliche
Energiequelle aus Flüssiggas, die bei Stromausfall benutzt werden
konnte. Die alte Aufziehlaterne hatte ausgedient. In jenem Jahr erhielt
das Wustrower Leuchtfeuer seine Kennung, die auch heute noch Gültigkeit
hat.
Zu einem umfassenden Überblick über die Geschichte der Wustrower Nebelhornanlage gehört auch das Jahr 1952. Bis dahin waren auch die Leuchtfeuerstationen, einschließlich Wustrow, der Generaldirektion Schifffahrt des Verkehrsministeriums der DDR unterstellt. In diesem Jahr wurden die Seezeichen dem mit Wirkung vom 01.01.1950 gebildeten Seehydrographischen Dienst (SHD) der DDR unterstellt. Dieser war wiederum durch Regierungsbeschluss der DDR dem Ministerium des Innern, Hauptverwaltung Seepolizei, zugeordnet. Erst nach der 1956 gebildeten Nationalen Volksarmee wurde diese durch eine von der Regierung der DDR bestätigten Satzung staatlich und international rechtlich eigenständige Institution aus verwaltungstechnischen und finanziellen Gründen der Nationalen Volksarmee der DDR zugeordnet. Die Bedienung der Leuchtfeuer- und Nebelsignalstation Wustrow erfolgte nun durch Leuchtfeuermaschinisten (1911 noch mit der Berufsbezeichnung Leuchtfeuerwärter, da es einen Leuchtturmwärter nur im Volksmund gab!), die damit den Status von Zivilangestellten der Nationalen Volksarmee hatten.
Im Laufe der Jahrzehnte erhielt das Luftnebelsignal
mehrmals Veränderungen, so auch 1965. Seitdem gab es außerdem eine
Schallwand, die etwa 250 m westlich der Station an einer Gitterbake
errichtet wurde. Bei schlechter Sicht ging von ihr die Kennung als
Morsebuchstabe „O“ aus.
Eine Sichtweitenmessanlage, installiert 1972,
bewirkte, dass das Leuchtfeuer und das Nebelsignal automatisch ihren
täglichen Betrieb aufnehmen konnten.
1978 ging dann auch in Wustrow
die Zeit der Leuchtfeuermaschinisten zu Ende. Die „Nebelstation“ wird
ferngesteuert. Sie gehört seit 1990 zum Wasser- und Schifffahrtsamt
Stralsund.
Familiennamen wie zum Beispiel Winter, als erster offizieller Leuchtfeuerwärter Wustrows, Beu, Uplegger oder Langhoff sind mit dem Wustrower Leuchtfeuer verbunden. Sie wohnten im gleichzeitig mit der Nebelsignalstation 1911 gebauten1. Leuchtfeuerwärterhaus sowie auch im von 1938/40 errichteten 2. Leuchtfeuerwärterhaus zu dem jeweils Stallungen gehörten. Für die Vertretung wurde viele Jahre ein unterwiesener und geprüfter Einwohner Wustrows verpflichtet - eine aus Kostengründen auch bei anderen Leuchtfeuern übliche Verfahrensweise.
Auf eine weltweite Empfehlung des Internationalen
Seezeichenverbandes endete im Juli 1987 auch die Zeit des
Luftnebelsignals beim Ostseebad Wustrow. Danach hatte lediglich das
Leuchtfeuer noch Bedeutung für die Schifffahrt.
Die beiden Wohnhauskomplexe sind vom „Bund“ verkauft worden und damit in privater Hand.
Ein
Denkmalschutzstatus erhielt die ehemalige Nebelsignalstation Wustrow
trotz gründlicher Überlegungen der zuständigen Landesregierung von
Mecklenburg-Vorpommern nicht.
Am 01. April 2014 erlosch das Signalfeuer, welches über 100 Jahre den Seeleuten als Orientierungspunkt diente. Die Laterne wurde demontiert und beim Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund eingelagert. Der Turm wurde zurückgebaut.
Die alte Nebelstation wurde durch ein schlichtes Leuchtfeuer ersetzt, welches an der Wustrower Seebrücke angebracht wurde.
Am Strandaufgang 13, dort wo einst die Nebelstation stand, stehen heute vor dem Deich zwei Schautafeln, die über die Geschichte des ehemaligen Wustrower Leuchtfeuers informieren.
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