Beitrag: Brigitte Hildisch in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Kapitäne und Schiffsführer des Fischlandes
Ein Glashumpen aus dem 19. Jahrhundert. Sein Material ist Bömisches Kristall. Nimmt man ihn in die Hand, fallen ein eingeschliffenes Wappen und zwei Medaillons mit Schiffsdarstellungen auf. Das eine dieser Schiffe liegt abgetakelt und ruhig im Meer, das andere ist mit seinen aufgesetzten Segeln in voller Fahrt. Das Wappen, so kann man in den Originaldokumenten nachlesen, gehört der adligen Familie von Lowtzow. Friedrich Wilhelm von Lowtzow gab den Krug in Auftrag. Es war eine besondere Zuneigung, die er für die Fischländer Seefahrer und die Bewohner dieses Landstrichs empfand.
So ergab es sich, dass 1859 den Schiffer-Ältesten Christopher Maaß (1785-1873) und Reimer Niemann (1783-1863) vom Kirchdorf-Wustrow dieser Krug überreicht wurde. Sein Stifter zollte den Geehrten und ihrer Zunft seinen tiefen und ehrlichen Respekt.
Von Lowtzow sah in dem Beruf des Seemannes etwas Besonderes. Er setzte
das Tun eines Seefahrers mit einem Dienst zum Wohle des Vaterlandes
gleich. Auf seine Weise würdigte er so die Charaktere und die
Lebensweise der Fischländer. In Gedanken begleitete von Lowtzow, wie er
schrieb, die Fahrensleute über die Ozeane.
Mit der übergabe des Glaskruges verband der Stifter auch
gewisse Pflichten hinsichtlich der Aufbewahrung und des Gebrauches sowie
gewisse Rechte für die Benutzer. Textpassagen aus einem Schreiben des
Jahres 1859 vermitteln, wie er diese interpretierte. Eine Regel besagte,
dass erst, wenn ein Schiffer sein Examen bestanden hat, sein Schiff
gebaut und vollendet hat, es ihm gestattet war, einen Ehrentrunk aus dem
Humpen zu nehmen. Bei den feierlichen Zusammentreffen der Schiffer
sollte der Glaskrug einen gebührenden Platz auf der Tafel erhalten. Wie
bedeutsam der Krug für den Stifter war, geht aus einer weiteren Regel
hervor. Nach dem Gebrauch sollte der Humpen mit allerhöchster Vorsicht
gereinigt werden, und zwar von der Ehefrau des Schifferältesten
höchstpersönlich. Einem Dienstmädchen diese Aufgabe zu übertragen,
erschien von Lowtzow zu risikovoll. Bei der übergabe gelobten die
Schifferältesten feierlich, die daraus sich ergebenden Rechte und
Pflichten einzuhalten.
Friedrich Wilhelm von Lowtzow wurde im Jahre 1786 geboren. In seiner Beamtenlaufbahn diente er für eine Weile im Amte Ribnitz mit Sitz in Hirschburg. Dort kam er eng mit den Belangen der Fischländer in Berührung. Die Zeit prägte seine wohlwollende Haltung gegenüber den Fahrensleuten. Als Commissarius des Großherzogs Friedrich Franz I. trug er die Verantwortung für den Rekrutierungsmodus. Von Lowtzow schätzte sich glücklich, erwirkt zu haben, dass kein Fischländer Seefahrer ins Militär einberufen wurde, sondern "zur See beurlaubt" wurde. Sie sollten ihrem Beruf ohne Einschnitte nachgehen können.
Wenn Sie wissen möchten, wie der Humpen heute genutzt wird, lesen Sie nach Vereinigung der Kapitäne und Schiffsführer des Fischlandes.