Region: Ostsee → Mecklenburg-Vorpommern → Fischland-Darß-Zingst → Ostseeheilbad Zingst
Bild: Martha Müller Grählert, zu sehen im Museum in Zingst
Martha Müller-Grählert wurde am 20. Dezember 1876 in Barth als Johanna Daatz geboren. Ab 1879 hieß sie Martha Grählert. Der Zingster Müllermeister Friedrich Grählert hatte ihre ledige Mutter geheiratet und auch Johannas Vornamen ändern lassen. Ihre Kindheits- und Jugendjahre verbrachte sie in Zingst. Nach dem Abschluss des Franzburger Lehrerseminars arbeitete sie als Hauslehrerin.
1898 begann ihre Berliner Zeit. Sie wurde Redakteurin des "Deutschen Familienblattes" und lernte den Agrarwissenschaftler Dr. Max Müller kennen, den sie 1904 heiratete. In Berlin drückte sie doch das Heimweh und sie schrieb neben anderem auch ihr um die Welt gehendes Gedicht von den Ostseewellen in vorpommerschem Platt, mit dem Titel "Mine Heimat". Es wurde 1907 zum ersten Mal in den "Meggendorfer Blättern" veröffentlicht.
Aus diesem damals recht bekannten Blatt, schnitt sich ein betagter Flensburger Glaser, den die Wanderschaft nach Zürich verschlagen hatte, das Gedicht aus und trug es immer bei sich. Er sang im Züricher "Arbeiter-Männergesangsverein" unter der Leitung des Thüringers Simon Krannig. Dem brachte er das Gedicht mit dem Wunsch nach einer passenden Melodie. Krannig war genauso angetan von der Stimmung der Verse wie der Glaser, nachdem der ihm den Text ins Hochdeutsche übersetzt hatte. Der in kirchlichem Dienste stehende Organist setzte sich begeistert ans Klavier und in der nächsten Stunde konnten beide das entstandene Lied singen. Es soll beiden Männern die Tränen in den Augen gestanden haben, berichtete später Simon Krannigs Sohn Walter. Der Glaser verstarb wenige Wochen später und der Männerchor sang ihm das Lied am Grabe - es wurde die Uraufführung.
1911, als ihr Mann, der innerhalb seines Fachbereiches
Agrarökonomie auf Pferdezucht spezialisiert war, eine Berufung als
Professor an die japanische Universität in Sapporo annahm, folgte sie
ihm.
1914 erreichte die Müllers die schockierende Nachricht vom
Ausbruch des Krieges in Europa. In einer 1 1/2 Jahre dauernden Odyssee
durch mehrere Länder, kehrte das Ehepaar nach Deutschland zurück. Dann
zerbrach ihre Ehe und damit Marthas gutbürgerliche Existenzgrundlage.
1924 übersiedelte sie wieder in ihre Heimat nach Zingst und lebte in ihrem "Sünnenkringel"-Haus. Es folgten Jahre in wirtschaftlicher Not und ein langwieriges, kräftezehrendes Prozessieren um die Anerkennung ihrer Urheberrechte am Ostseewellenlied, an dem unter falscher Autorenschaft und Umdichtungen andere schamlos Geld verdienten.
Martha Müller-Grählert schrieb weiter Gedichte für Zeitungen, hielt als "Mudder Möllersch" Vortragsabende. Die Armut konnte das aber nur wenig lindern. 1936 wurden ihr und dem Komponisten Krannig endlich die Urheberrechte zugestanden, ein moralischer Erfolg, doch zu spät für sie, um auch materiell davon zu profitieren.
Im März 1939 zog sie fast erblindet in das Altersheim Franzburg bei Stralsund und starb dort am 18. November gleichen Jahres arm und vereinsamt, wie ihr letztes Gedicht "Fru Einsamkeit" beschreibt. "Hier ist miene Heimat hier bün ick to Hus" steht auf ihrem Grabkreuz auf dem Zingster Friedhof.
Ihr 125. Geburtstag, im Jahre 2001, wurde ihr zu Ehren von Mai bis Dezember mit Veranstaltungen in Barth, Zingst und Franzburg begangen.
Martha Müller-Grählerts Lied "Wo die Ostseewellen", mit der Melodie von Simon Krannig, ist so beliebt, dass es gern für andere Landschaften umgedichtet und beansprucht wurde. Ostseewellen verwandelte man z.B. in Nordseewellen und machte das "Friesenlied" daraus.
Wie viele Versionen es auch geben mag, eines hat alle Nachdichter angeregt und beflügelt:
Der Originaltext mit all seiner Stimmung und Liebe.
Auch junge Talente vom Fischland konnten den Gedichten von Martha Müller-Grählert nicht widerstehen.
So vertonte
Sabine Ohl aus Wustrow drei Gedichte der Heimatdichterin:
"Abendrot", "Im Duenensand" und "Trost"