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Region: OstseeMecklenburg-VorpommernFischland-Darß-ZingstOstseebad Wustrow

Tilsche Schellwegen – „Die Hexe vom Fischland“

Im Jahre 1663 wurde in Kirchdorf (das heutige Wustrow) in Mecklenburg die Frau des Kätners Hans Dahm der Hexerei beschuldigt.

Hart und grausam waren die Strafen früherer Jahrhunderte. Für uns heute unvorstellbar, musste Manche/-er wegen Diebstahl, Ehebruch, Verrat, Gotteslästerung oder Hexerei sein Leben mitunter durch Galgen, Beil, Feuer, … lassen.
Dabei war das Schlimmste nicht nur allein die Bestrafung mit dem Tod, sondern die vorausgegangenen Befragungen und Quälereien der Folter. Die Folterungen waren hierbei ein grässliches Kapitel, um von den Angeklagten Geständnisse zu erzwingen. Diese Art der Befragung, die sogenannte „peinliche oder scharfe Befragung“ wurde besonders bei denen der Zauberei Angeklagten angewandt. Es wurde bis hin zu Verkrüppelungen gefoltert, sodass man die geschändeten Körperstellen der Opfer verhüllte, um die ihnen angetanenen Grausamkeiten vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Milde Richter folterten eine ganze Stunde, die Strengen noch länger, wobei kaum einer Schmerzen länger als eine Viertelstunde aushielt. Wen wundert es da, dass die Meisten unter der Folter alles zugaben und Andere benannten, die dann dasselbe Schicksal erleiden mussten.

Die Herkunft der Tilsche Schellwegen, die Frau des Kätners (Bewohner einer Kate mit dazugehörigem Ackerland, Kleinbauer, der zu Tagelöhnerdiensten verpflichtet war) ist unbekannt. Gewiss ist, dass sie mit ihrem Mann mindestens 3 Kinder hatte und ein wenig Land mit „2 Haupt Hornvieh und 1 Schwein“. Sie lebten also sehr bescheiden und ernährten sich von der Fischerei. Tilsche brachte Fisch bis nach Ribnitz und erledigte für das Kloster Ribnitz Botengänge.

Der seit 1651 auf dem Fischland lebende Küster und Organist Johan Holste beschuldigte am 30. Mai 1663 die Tilsche Schellwegen der Hexerei und es wurde ihr der Prozess gemacht.

Eine schriftliche Anzeige ging an den Herzog Gustav Adolf, in der er die Anschuldigung darlegte sowie Zeugen und Anklagepunkte nannte. Am Ende umfasste ihre Akte 46 Anklagepunkte und weitere zusätzliche, wie Zauberei, Umgang mit verdächtigen Personen, Schuld an Krankheiten und Tod von Menschen und Tieren u.v.m..

Am 12. Juni 1663 wurde der Prozess gegen Tilsche Schellwegen eröffnet. Sie wurde vernommen (gütlich befragt), mit 16 Zeugen der Anklage konfrontiert und ein Gutachten der Universität Greifswald angefordert.

Am 14. August 1663 gelang ihr die Flucht aus dem Gefängnis, dabei überwand sie mit ihren Fesseln, die sie den losen Mauersteinen entriss, Zäune, Mauern und blieb schließlich bis zum Hals im Morast stecken. So fand man sie nach 2 Tagen auch, zog sie heraus und sperrte sie wiederum ein.

Die missglückte Flucht verschlimmerte nur ihre Lage, so sah man diese als Bestätigung der Anklage an. Aufgrund der Flucht wurde ein zweites Gutachten angefordert. Die Juristen empfahlen eine nochmalige gütliche Befragung. Sollte sie jedoch weiter leugnen, würde die Befugnis zur „peinlichen Befragung“ erteilt.

Da sie immer noch beteuerte nicht zaubern zu können, wurden ihr Daumen- und Beinschrauben angesetzt, worauf die Tilsche bereit war, zu fast jedem Geständnis. Unter der Folter bekannte sie noch viel mehr, als in der Anklageschrift stand. So bezichtigte sie z. B. 5 Frauen der Zauberei.

Am 17. Oktober 1663 wurde sie wieder vor Gericht geführt und befragt, ob das, was sie unter der Folter preisgegeben hat, der Wahrheit entsprach. Die Tilsche blieb im Groben und Ganzen bei ihrer Aussage, da man sie bei Widerruf wiederum foltern würde.

Man befragte weitere Zeugen. Die meisten von ihnen beschuldigten die Tilsche nicht der Hexerei. Auch ihr Mann, Hans Dahm, wurde befragt, auf eventuelle Mitwisserschaft. Er stritt ab, gewusst zu haben, dass seine Frau die Hexerei ausübte. Auch die Frauen, die die Tilsche der Zauberei bezichtigte, wurden vorgeladen. Sie bestritten jegliche Zauberei.

Im 3. Gutachten wurde empfohlen, wenn die Tilsche nicht widerrufen sollte, soll sie mit dem Tode bestraft werden. Sie widerrief nicht. Das war ihr Todesurteil. Nachdem Herzog Gustaf Adolph die Akten durchgearbeitet hatte, schickte er diese zurück, der Schafrichter erstellte die Gefängnisrechnung und der Amtsverwalter fasste einen abschließenden Bericht zusammen und somit unterzeichnete der Herzog das Urteil.

Die Tilsche Schellwegen musste am 17. Mai 1664 ihre Strafe, Tod durch das Feuer, antreten. Dazu brachte man sie nach Güstrow, wo man sie vor dem Schnoientorverbrannte. (Das „Schnoientor“ befand sich im Nordwesten der Güstrower Altstadt.) Ihr Mann lebte noch bis 1691, er wurde 95 Jahre.

1683 verbot Herzog Gustav Adolph, Herzog zu Mecklenburg (regierte von 1636 bis 1695 in Güstrow), die Hexenverfolgung und das Brennen der „Hexen“. 1769 wurde die Folter durch Herzog Friedrich aufgehoben.

Eine umfangreiche Schilderung des Prozesses finden sie in der Bibliothek des Fischlandhauses im Ostseebad Wustrow, ausgearbeitet nach den Prozessakten und anderen Unterlagen aus der Zeit um 1663 auf dem Fischland von Joachim Permin.

Fischland-Darß-Zingst - BUCH-TIPP

Roman "Tilsche Schellwegen. Die Hexe von Fischland."

Mit ein wenig Glück finden Sie den Roman von Ottomar Enking in einem Antiquariat. Das Buch, mit 317 Seiten in Frakturschrift, erschien Anfang des 20. Jahrhunderts im Hinstorff-Verlag. Für Ungeübte ist das Lesen der alten Schrift zwar eine Herausforderung, mit etwas Geduld jedoch, liest man sich ein.
Vielleicht ergattern Sie aber auch irgendwo ein Buch der überarbeiteten Auflage des BS-Verlages Rostock in neuer Schrift.

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Tilsche Schellwegen "Hexe vom Fischland"

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